St. Thomas – Namenspatron unserer Gemeinde

Thomas – Kirche und Gemeinde sind nach ihm benannt. Wir führen seinen Namen im Briefkopf, und unser Kirchensiegel trägt sein Bild. Menschen, die sich unserer Gemeinde besonders eng verbunden fühlen, bezeichnen sich selbst nach ihm gern als Thomaner.

Die Geschichte unserer Kirchengemeinde St. Thomas ist unlösbar mit der Geschichte der Kirchengemeinde des Dorfes Runstedt verbunden, das bekanntlich in den 60-er Jahren dem Braunkohleabbau weichen musste. Eine entsprechende Kirchenverordnung aus dem Jahre 1960 verfügt, dass Runstedt nach 290 Jahren Zugehörigkeit zu Wolsdorf aus diesem Pfarrverband gelöst, um einige Bezirke der Stadt Helmstedt vergrößert und gleichzeitig selbständige Kirchengemeinde wird, die den vorläufigen Namen „Elzweg-Kirchengemeinde“ erhält.

Im gleichen Jahr wird am 23. Oktober der letzte Pfarrer von Runstedt, Friedrich-Adolf Nebel, als erster Pfarrer der neu geschaffenen Gemeinde in sein Amt eingeführt, das er bis zum 1. Dezember 1991 ausgeübt hat. Ursprünglich bestand die Absicht, mit der endgültigen Namensgebung für die Gemeinde bis zur Fertigstellung der Kirche zu warten. Doch da der Name „Elzweg-Kirchengemeinde“ sich sehr schnell einbürgerte, beschleunigte der damalige Kirchenvorstand die Frage der endgültigen Namensgebung. Nachdem zunächst ausgeschlossen werden konnte, dass die ehemalige Kirchengemeinde Runstedt ihrerseits mit einem Patronatsnamen verbunden war, de zu berücksichtigen gewesen wäre, einigte man sich sehr schnell auf den Namen des Apostels Thomas.

Schon im April 1961 wurde der Name von der Kirchenregierung bestätigt und offiziell verliehen. Pünktlich mit der Ausgabe April 1961 erschien dann auch schon der Gemeindebrief im neuen Gewand unter dem Namen St. Thomas, wobei in der linken, oberen Ecke des Briefkopfes eine kleine Grafik Thomas zeigt, wie er das seitliche Wundmal Jesu berührt. Pfarrer Adolf Nebel erklärt in dieser ersten Ausgabe des neu gestalteten Gemeindebriefes, warum der Kirchenvorstand damals den Apostel Thomas gewählt hat. Er schreibt:

Der Apostel Thomas ist ein sehr moderner Apostel. Es ist eigentlich nicht richtig, vom „ungläubigen Thomas“ zu sprechen! Sein Zweifel wird ja gerade aus dem Wunsch geboren, das glauben zu können, was die anderen Jünger ihm sagen: ER ist auferstanden! Aber er möchte nicht auf einen Betrug hereinfallen, wobei es gleichgültig ist, ob dieser Betrug böswillig von außen kommt oder ein frommer Selbstbetrug ist.

An dieser Stelle sind wir ihm verwandt: Wir würden so gerne glauben, wir möchten es wirklich! Aber wir wollen eine Bestätigung, dass es stimmt, was „die anderen“ sagen. Zweifel aus Glauben, nicht aus Unglauben! Nie ist der Glaube eine bombenfeste, absolut sichere Gewissheit! Und wenn in Hebräerbrief (11,1) steht, dass der Glaube ein Überwundensein von unsichtbaren Tatsachen ist, so gilt daneben gleichwohl das Wort des verzweifelten Vaters: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben“ (Markus 9, 24). St. Thomas, das sind wir alle! Deshalb haben wir diesen Namen gewählt.

„St. Thomas, das sind wir alle!“ Ja, der Name „Thomas“ bzw. die durch ihn verkörperte Glaubenshaltung passt seitdem bis heute zu dieser Gemeinde und ihren Menschen, die sich in der Regel ein kritisches, fragendes Bewusstsein in Glaubensdingen in Verbindung mit dem begreiflichen Wunsch nach Vergewisserung bewahrt haben, aber wie Pfarrer Nebel schon damals richtig sagte, aus Glauben heraus, nicht aus Unglauben!

Aber nicht nur die Gemeinde, sondern auch die Kirche selbst trägt natürlich den Namen des Hl. Thomas. Am 22. Januar 1967 ist sie vom damaligen Landesbischof Dr. Gerhard Heintze eingeweiht worden. In seiner Kirchweihpredigt findet sich bezugnehmend auf die Namensgebung folgende wichtige Passage:

Die Kirche trägt den Namen „Thomas-Kirche“. Damit ist sie nach dem Namen des Jüngers genannt, dem es vor anderen schwergefallen ist, den Glauben an den Lebendigen, den auferstandenen Herrn, zu finden. Er begann als der Zweifler und kam dann doch zu dem Bekenntnis „Mein Herr und mein Gott“. Ganz gewiss gibt es auch in diesem Gemeindebereich um die Thomaskirche in Helmstedt herum viele Menschen, die sich in einer ähnlichen Lage wie der Thomas am Anfang seines Lebens befinden, die viele Fragen auf dem Herzen haben, die mit ihren Zweifeln nicht fertig werden.

Eine Gemeinde, die sich hier versammelt, darf niemals selbstgenügsam werden, sondern sie muss den offenen Blick behalten für all die vielen Menschen, die es nicht wagen, heute von sich aus zu kommen und die sich mit dem Glauben schwer tun. Und diese Gemeinde darf nicht ablassen, darüber nachzudenken: „Wie können wir neue Wege zu all diesen Menschen finden, die den Glauben und erst recht die Verbindung mit der Kirche verloren haben.“ Und eine solche Gemeinde darf nicht ablassen, ständig für diese Menschen vor Gott, dem Herrn, Fürbitte zu tun.

Was aber wissen wir eigentlich über unseren Namenspatron, den Hl. Thomas? Nun, hier ist zunächst zu unterscheiden zwischen dem biblisch begründeten Wissen von ihm und dem, was aus anderen Überlieferungen stammt, die nicht in die Bibel aufgenommen wurden und teilweise wohl auch in den Bereich der Legendenbildung gehören.